Am Dienstag, 12. September, wurde die historische Pilotstudie zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche veröffentlicht. Das Ergebnis ist erschütternd, das verursachte Leid unvorstellbar gross. Dies macht uns sprachlos, auch wenn wir gerade jetzt vielen Rede und Antwort stehen müssen.
Hart trifft uns das Unvermögen der Verantwortlichen, den Opfern nicht schon viel früher und viel stärker Gehör geschenkt zu haben. Es wird deutlich, dass die Machtstrukturen in der Kirche und die Verteilung oder Kumulation von Verantwortung zu diesem Leid beigetragen haben und weiter beitragen. Die Strukturen verbunden mit mangelnden Kontrollmechanismen haben die Täter geschützt und die Betroffenen missachtet. Wir sind überzeugt, dass sich an diesen Leitungsstrukturen vieles ändern muss.
Wir sind hier im Seelsorgeraum an der Basis der Kirche tätig, die sich nun diesem sehr dunklen Kapitel ihrer Geschichte stellt. Wir begrüssen, dass die katholische Kirche den mit der Pilotstudie beauftragen Historikerinnen einen weiterführenden Forschungsauftrag für zwei Jahre erteilt hat. Der Missbrauch muss aufgedeckt werden. Dafür haben wir auch auf unseren Websites eine Möglichkeit aufgeschaltet, mit der auf einfache und anonyme Weise an eine unabhängige Stelle Fehlverhalten gemeldet werden kann («Kirche schaut hin«).
Im Moment hören wir vor allem zu. Wir lesen erzürnte Mails, und wenn wir das Gefühl haben, dass eine Antwort gewünscht wird, beantworten wir sie. Wir hören Austrittswilligen am Telefon und in Gesprächen zu und nehmen ihre Aussagen ernst. Das Gehörte verhallt nicht einfach. Auch im Foyergespräch am Dienstag, 19. September, um 19.30 Uhr in St. Anton besteht die Möglichkeit zum Austausch und Stellung nehmen.
In unserem Team ist die Prävention von sexuellem wie auch spirituellen Missbrauch bereits seit Längerem ein wichtiges Thema bei Schulungen und im Austausch miteinander. Das ist etwas, was wir als kleines Puzzleteilchen zu einem Wandel beitragen können.
Dass die Studie zum Missbrauch von der Kirchenleitung selbst in Auftrag gegeben wurde, werten wir als Zeichen, dass auch sie zum Hören bereit ist. Es ist spät, für viele kommt dies zu spät. Trotzdem: Hören verändert. Das ist unsere Hoffnung.
Pfarrer Andreas Rellstab und Leitungsassistentin Monika Bieri