Wie in allen Berufen, gibt es als Leitungsassistentin Arbeiten, die einfach erledigt werden müssen, solche die ich mühsam finde und zum Glück viele, die ich gerne mache – und dann gibt es noch die «Zückerli». Das sind die Aufgaben, die mir in erster Linie etwas zurückgeben und sich gar nicht nach Arbeit anfühlen. Ein solches «Zückerli» sind die Führungen für Schulklassen, die wir in St. Anton anbieten.
Im Fach Religion und Kultur nehmen die Schulklassen der Primarschule unter anderem durch, wie eine katholische oder reformierte Kirche aussieht. Zu diesem Thema öffnen wir gerne unsere Türen für interessierte Klassen und lassen sie mit ihren Arbeitsblättern, auf denen sie wichtige Gegenstände in einer Kirche suchen müssen, auf Entdeckung gehen.
Das ist, so habe ich festgestellt, fast schon alles, was es zu tun gibt. Danach muss ich eigentlich nur noch dastehen und Fragen beantworten, die sich von selbst ergeben. Diese sind so vielfältig, unerwartet, neugierig und manchmal auch sehr lustig wie die Kinder selbst. Es macht Spass, kreuz und quer Antworten auf alles, was da kommt, zu suchen. Die Fragen reichen von der Bedeutung des ewigen Lichtes bis zur Anzahl der Orgelpfeifen, von Antonius von Padua bis zu unseren Lebensmitteltaschen für Notleidende in Zürich. Von einer Distanz oder Voreingenommenheit der Kirche gegenüber spüre ich zum Glück wenig.
Bisher bei jeder Führung bat mindestens ein Kind darum, eine Kerze vor dem Marien- oder dem Antoniusaltar anzünden zu dürfen – natürlich dürfen alle, die das möchten. Es ist schön, den Kindern zuzusehen, wie sie sich die Anzündkerze weitergeben und einen Moment dastehen. Was sie dabei denken, weiss ich nicht, aber sie wirken ruhig und andächtig. Ein Junge fiel mir bei einer kürzlichen Führung besonders auf. Er kündete an, dass er eine Kerze für jemand Bestimmtes anzünden möchte. Dann wollte er wissen, ob man die Kerze nur für jemand Verstorbenen oder auch für eine lebende Person anzünden dürfe oder: «Darf man das auch machen, um einfach danke zu sagen?»
Diese Frage rührte mich; vielleicht, weil ich gerade einen Artikel darüber gelesen hatte, dass Dankbarkeit am Anfang jeglicher Spiritualität stehe. Dass ein Kind danach fragt, ob es Gott danke sagen darf, finde ich jedenfalls bemerkenswert.
Ich weiss nicht, aus welchen Gründen die Menschen vor unseren Seitenaltären stehen und Kerzen entzünden. Was dort geschieht, ist Gott alleine anvertraut. Es kommen sicher viele mit einer Bitte oder sie tragen etwas mit sich herum, was sie ablegen möchten, wo sie nicht mehr weiterwissen. Das ist gut so. Ich hoffe aber sehr, dass auch Dankende darunter sind. «Einfach danke sagen» ist tatsächlich der Beginn und das Zentrum unseres Glaubens – ohne sich Gott verdankt zu verstehen, ist der Mensch nicht religiös.
Ich bin dankbar für diese Schulklassen und ihre bunt gemischten Fragen, für dieses «Zückerli» mitten in meiner Arbeit und für Kinder, die so herzergreifend klug sind, dass ich nur leer schlucken und sagen kann: natürlich darfst Du einfach danke sagen. Immer. Und ich auch – und Sie auch. Ich wünsche Ihnen viel Grund dazu.
(Wer jetzt Lust hat, sich die Kirche etwas näher anzuschauen: Wir führen auch Erwachsene herum…)
Monika Bieri